von Gerda Schulte
geb. Disse, (*1924), Richterstraße, aufgeschrieben im Januar 2009
Das Kriegsende in Bodelschwingh
Es war Anfang April 1945, als die Amerikaner Bodelschwingh besetzten. Die letzten Wochen davor haben wir fast nur noch im Luftschutzkeller verbracht. Im provisorischen mit Balken abgestützten Keller der Bodelschwingher Dorfschule gegenüber unserem Haus versammelten sich immer etwa 40 oder mehr Personen. Bei dem hilflosen Gefühl sich in den Boden bohrender vier Tonnen Bomben konnte man nur noch beten.
Von den Aufmarsch der Amerikaner bekam man zunächst nur das unheilvolle Donnern der schweren Panzer mit. Da man von Berichten über die Besetzungen der russischen Streitkräfte viele schlimme Geschichten gehört hatte, war die Stimmung ängstlich und bedrohlich. Dass unter den Amerikanern einige Schwarze waren und man diesen fremden Anblick kaum kannte, verstärkte die Sorge. Es stellte sich aber bald heraus, dass die Sorgen unbegründet waren.
Die Amerikaner besetzten in Bodelschwingh einige Häuser. Das Mobiliar wurde von ihnen entfernt und durch Feldbetten ersetzt. Im Keller des Hauses Richterstraße 22 wurde eine Funkanlage installiert. Die Bewohner der besetzten Häuser mussten bei den Nachbarn Unterschlupf finden und durften ihre Häuser nicht mehr betreten. Die Richterstraße wurde ebenfalls abgeriegelt. Es gab eine Sperrstunde und nach 18 Uhr durfte niemand mehr auf der Straße sein und die Häuser durften erst wieder um 7 oder 8 Uhr verlassen werden. Die von den Bomben zum Teil zerstörten Häuser wurden provisorisch abgedichtet, Fenster waren zersplittert, Decken heruntergekommen.
In den letzten Kriegstagen brach die Lebensmittelversorgung komplett zusammen. Wo man ehemals mit zugeteilten Lebensmitteln durch Lebensmittel-Marken noch ein karges Mal kochen konnte, war jetzt nichts mehr vorhanden. Die Bodelschwingher halfen sich gegenseitig und teilten ihre verbliebenen Vorräte und die wenigen geernteten Nahrungsmittel von Feldern und Gärten.
Nach ungefähr einer Woche zogen die Besatzungsmächte aus Bodelschwingh ab und die Bewohner konnten wieder in ihre Häuser gehen. Nur ein kleine Truppe blieb zurück. Diese suchte unseren Ort nach Blindgängern ab. Was sie in unserer Nähe gefunden hatten, haben sie dann in den Feldern hinter der Richterstraße gesprengt. Dadurch ging der Rest der Fensterscheiben auch noch zu Bruch.
Das Schloss Bodelschwingh wurde von den Amerikanern zur Plünderung durch die Bevölkerung freigegeben.
Danach hat mir Johanna Schulz von der Deininghauser Straße erzählt:
Fünf deutsche Soldaten, etwa 18 Jahre alt, waren von ihrer Truppe getürmt und hatten bei ihr im Keller Schutz gesucht. Alle Keller wurden durchsucht. Sie wurden gefunden, von den Amerikanern mitgenommen und an der Hausecke erschossen.