von Edith Ruarus
geb. Kopperschläger (*18.12.1936 / †05.11.2018) Emilstraße, aufgeschrieben von Annemarie Heinrichs im Januar 2009.
Wir, die Familie Kopperschläger aus der Emilstraße, rannten bei Alarm immer in den Keller der „Wirtschaft Linden“ an der Westerfilder Straße / Ecke Mosselde.
An diesem Tag des Bombenangriffs auf Westerfilde, am 07. März 1945, schickte meine Mutter unsere Oma Elfriede Aries mit ihren zwei anderen kleinen Enkelkindern, Doris (drei Jahre ) Klaus-Peter (ein Jahr) beim Voralarm in den Keller, meine jüngere Schwester Gerda, Mutter und ich kamen nicht früh genug weg und schafften es nur bis zum Nachbarbunker. Das rettete uns das Leben, denn alle 15 Menschen, die im Keller von Linden Schutz gesucht hatten, starben.
Adolf Linden, der sich vor dem Haus noch mit einem Nachbarn unterhalten hatte, wurde von dem Luftdruck weggeschleudert und erst nach Tagen tot aufgefunden.
Günther Klimaschewski, auch ein Mieter des Hauses (Linden), hatte Nachtschicht „auf dem Pütt“ gehabt und schlief in seiner Mansarde. Er fiel mit dem Bett in die Trümmer und überlebte als einziger aus dem ganzen Haus.
Schräg gegenüber von Linden war die Backstube von Bäcker Nöthe. Sie war von einer Brandbombe, getroffen worden und teilweise eingestürzt. Frau Nöthe war in dem Bunker unter dem Backofen eingeklemmt und schrie sich die Seele aus dem Leib. Die Feuerwehr und Nachbarn gruben mit den Händen und allem Gerät nach ihr, um sie aus ihrer schrecklichen Lage zu befreien. Diese Schreie werde ich nie wieder los.
Als die Amerikaner da waren, haben sie alle Häuser und Wohnungen durchsucht.
Ich kann mich an einen amerikanischen Soldaten erinnern, der mit dem Gewehr im Anschlag vor dem Foto meines verstorbenen uniformierten Großvaters stand und Angst verbreitete. Meine Mutter konnte ihn zum Glück beruhigen und uns passierte nichts; aber das Bild war dann weg. Irgendwann sah ich im Nachbarhaus einen GI mit Stiefeln im Bett liegen.
Das war für mich als wohlerzogene Neunjährige ein empörender Anblick und hat sich tief in mein Gedächtnis eingegraben. Unsere Nachbarin, Frau Grode, erlitt fast einen Anfall, als sie nach Abzug der Amerikaner aus ihrer Wohnung auf dem Herd eine vollgesch… Bratpfanne entdeckte.
Versöhnt wurde sie dann allerdings durch eine Dose Nescafe, die auch zum „Nachlass“ gehörte. Davon konnte das ganze Haus schlemmen.