Gestrenge Schloßherrin sorgt für Ordnung (2),

abgeschrieben von Adolf Esser.

Zwei Verordnungen gegen das Trinken.

ln dem Festbuch zum 25 jährigen Jubelfest des Krieger- und Landwehrvereins Bodelschwingh am 7. und 8. Juli 1894 (also am Kirmestag) stellt ein ungenannter Mitarbeiter Betrachtungen über den Namen ,,Bodelschwingh“ an und kommt zu folgendem Ergebnis:

— B o d e l ist gleichbedeutend mit B u d e l oder B u d d e l; Bodelschwingh ist also eines der ersten Dörfer, wo man weinselig die Buddel geschwungen hat.“

Das ist natürlich nur eine scherzhafte Deutung des Namens B o d e I- schwingh; aber noch heute ist es unter Bodelschwinghern, besonders den ,,eingeborenen“ selbstverständlich, wenigstens an den Kirmestagen ordentlich ,,einen zu heben“.

Adolf Esser (1872*- 1970+),
Lehrer und Rektor an der
evangelischen Schule in
Bodelschwingh

Es ist nun ganz interessant, wenn man feststellt, daß in der ,,guten alten Zeit“ nicht weniger getrunken wurde. Das beweisen zwei Bekanntmachungen, die sich bei den Bodelschwingher Pfarrakten befinden und die hier folgen sollen:

I.

Demnach man ausfällig vernommen, wie bey diesen betrübten und kümmerlichen Zeiten das Fuselbrennen dergestalt eingerissen, und im Schwange gehn, daß fast alles Korn, was nur zu erhalten ist, von denen Fuselwirthen herbeiqeschläppt, zu dem sogenannten Fusel verbrandt und liederlicher Weise verzehret wird, folglich nicht nur der Kornmangel dadurch täglich anwächst, sondern auch der Bauer und Hausmann durch das Aufkaufen des Korns außer Stande gesetzet wird,.seinem Herrn die schuldigen Pachten zu liefern und also auch selbst Korn-und Brod Mangel leiden muß. Diesem Unfug nun, und daraus entstehenden bösen Folgen bey Zeiten auf alle mögliche Art abzuhelfen, so hat man diesem üblen Betraqen einmahl Ziel und Maaß setzen, alle diese Anordnungen abstellen und zu dem Ende nachstehende Punkte denen Fuselbrennern und jedermänniglichen öffentlich bekannt machen und verordnen wollen.

Erstlich wird sämtlichen Fuselbrennern jedem vorhaupts bey 10 Reichsthalern Strafe anbefohlen, sofort nach Publication dieses sich des Fuselbrennens bis zur weitheren Verordnung zu enthalten, sodann

Zweytens die Helme oder sogenannten (Brenn) Köpfe von den Fusel-Kesseln bey nemlicher Strafe binnen 8 Tagen bey Gericht zu bringen, wiedrigenfalls dieselbe von den Gerichtsdienern herbeygeholt, und die Wiederspänstigen der Gebühr nach gestrafet werden sollen. Da nun auch

Drittens die Anzahl der Fuselbrenner in dem Bodelschwing und Mengedischen Gericht täglich qrößer wird, mithin nunmehr die Erfahrung bezeuget, daß einige sich unterstehen, das nötige Holz zum Fuselbrennen aus hiesigen Gerichts Herr(schaft)lichen Waldungen diebischer Weise zu entwenden und folglich allemahl dabey das Königl. allergnädiglichste Bäumschänders Edikt zu übertreten, als wird denen neuen sowohl als andern Fuselbrennern nachdrücklich bedeutet, sich dieses Holzstehlens bey Vermeidung der darauf gesetzten Strafe hinführo zu enthalten, auch hinführo keinen Fusel eiqenmächtiqer Weise zu brennen, er habe denn eine schriftliche Erlaubniß von seiner Gerichtsherrschaft darüber erhalten. lndem im Wiederholungsfall die Übertreter aufs schärfste davon angesehen werden sollen.

Wonach sich also ein jeder in hiesigem Gericht zu richten und vor schaden zu hüten hat.

Gegb. Bodelschwingh, den 6. Nov. 1756.. Catharina Sophia Louisa Theodora Verwittibte von Bodelschwingh, geb. von Voigt von Elspe

Es wird der“ HL (Hochlöbliche) Prediger zu Bodelschwingh Ersuchet, dieses zu publicieren und darüber zu attestieren.

Publiziertet den 7. Nov. 1756 quod attestatur J. F, M. Reinbach.

II.

Da die Erfahrung lehret, daß man Bey gegenwärtigen Betrübten und gefährlichen Zeitläuften sich der göttlichen Strafgerichte zu seiner Besserung fast gar nicht erinnere, sondern im Gegenteil die größten Ausschweifunqen mehr als jemahls zur Gewohnheit werden, wovon besonders die höchst liederliche Aufführung auf Hochzeiten ein Beispiel gibt. So hat man nöthig gefunden, dieser Unordnung so viel möglich bey Zeiten abzuhelfen und deshalb nachfolgendes zu jedermanns Nachricht öffentlich zu verordnen, und bekannt machen zu lassen. Als

Erstlich wird sowohl, denen, so Hochzeiten halten als auch allen anderen Wirthen in hiesigem Gericht bey 10 Reichsthalern Strafe anbefohlen, nach Zehen Uhr abends keinem, wie er auch Nahmen haben möge, Bier oder Brandtwein zu schenken worauf der Gerichtsdiener besonders bey Hochzeiten genau zu vigilieren und das nöthige nach lhrer erhaltenen lnstruction vorzukehren haben. An Sonn- und Festtagen aber sollen Wirthe um neun Uhr Abendes lhre Gäste erinnern, sich zu entfernen, und ihnen bey doppelter Strafe keinen Aufenthalt mehr verstatten, noch einiges an Getränke reichen.

Zweytens soll kein Wirth an Sonn- und Festtagen das gewöhnliche Tanzen oder einige Music in seinem Hause dulden, bey gleichmäßiger Strafe von 10 Reichsthalern. Sollte jemand gegen diese beyde Punkte handeln, so hat derjenige, der solches bey Gericht anzeigen möchte, nebst verschweigen seines; Namens, den vierdten Teil der Strafe zu erwarten.

Drittens wird ein jeder gewarnt, hinführo auf Hochzeidten und Gelegenheidten alles Balgens und Streitens zu enthalten, indem zu solchem Ende der Gerichtsdiener anbefohlen ist, darauf genau acht zu haben, und die Übertreter sofort mit Zuziehung einiger nächstgegen­wärtigen Gerichtseingesessenen [welche sich dessen bey 3 Reichsthalern Strafe vor jede Person nicht verweigern dürfen] in Arrest zu ziehen und an einen sicheren Ort zu führen, da dann dieselben befundenen Umständen nach entweder mit großen Brüchten [Geldstrafen] Gefängniß bestraft werden sollen. Da auch

Viertens hiesiges Gericht die böse Gewohnheit einreißen lassen, daß man auf den sogenannten Schützenspielen Fangebier und andern dergleichen Gelegenheiten sich im Saufen und Schwelgen übe. So sollen alle diese Saufgesellschaften wie dieselben auch nahmen haben mögen, hierdurch einmal vor allemal und bey 10 Reichsthaler Strafe verboten sein und bleiben.

Damit nun niemand sich dieserhalb der Unwissenheit entschuldigen könne, so wird der HL Prediger zu Mengede öffentlich ersuchet, dieses öffentlich ex ambone zu jedermanns Nachricht und Warnung bekannt zu machen.

Gegb. Bodelschwingh/Mengede,

den 4t Dez. 1756

Catharina Sophia Louisa Theodora

verwittibte Frau von Bodelschwingh

geb. von Voigt von Elspe

Publiciert, den 5. Dez. 1756

J T. M. Reinbach

Das in der zweiten Verordnung erwähnte ,,Fange-Bier“ war ein alter Brauch: Am Sonntag des ersten Aufgebots, wurde die Braut von den jungen Männern ihres Dorfes ,,g e f a n g e n“ und in aller Form versteigert, wobei von vornherein feststand, daß der Bräutigam am meisten bot, ein mehr oder weniger großes Faß Bier.

Ob die Verordnungen Erfolg gehabt haben, wird nicht berichtet.

A. E. [Adolf Esser]